„Die Kinder“ – was bedeutet das in einem Testament?

Die so genannten Patchwork-Familien gehören zweifelsfrei zu unserem Alltag.

In einem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall verfügten Ehegatten mit Kindern aus Vorehen in einem gemeinschaftlichen Testament, dass sie sich zunächst gegenseitig als Alleinerben einsetzen.

Darüber hinaus trafen die Eheleute aber noch folgende Bestimmung:

Erst nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Elternteils sollen die Kinder uns zu ungefähr gleichen Teilen beerben.“

Es stellte sich die Frage, was die beiden nunmehr verstorbenen Eheleute mit „die Kinder“ gemeint hatten. Alle Kinder der Eheleute. Oder nur die Kinder, mit denen die Eheleute einmal den Hausstand geteilt und hierüber eine engere Verbindung aufgebaut hatten?

Erweist sich der Inhalt eines Testaments als nicht eindeutig, so ist es auszulegen. Bei wechselseitigen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, wozu das hier auszulegende sog. Berliner Testament der Eheleute gehörte, ist gemäß §§ 157,242 BGB auch zu prüfen, ob ein nach dem Verhalten des einen Testierenden mögliches Auslegungsergebnis dem Willen des anderen entspricht. Dabei kommt es auf einen übereinstimmenden Willen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an.

Im vorliegenden Fall entschied das Gericht wie folgt: Dem allgemein üblichen Sprachgebrauch entspricht es, mit den Worten „die Kinder“ nur die im eigenen Haushalt lebenden Kinder zu bezeichnen. Dass insbesondere auch der Ehemann der Erblasserin ein dahin gehendes subjektives Verständnis vom Inhalt seiner testamentarischen Verfügungen hatte, legt die Verwendung des Wortes „die“ als bestimmter Artikel nahe. Da die Beteiligte zu 1 und ihr Bruder gerade nicht seine leiblichen Abkömmlinge sind, war aus seiner Sicht die Bezeichnung der Erben als „die Kinder“ präzise, um die Abkömmlinge der Erblasserin zu benennen. Possessivpronomen wie „meine“ oder „unsere“ Kinder oder das Wort „alle“ als Indefinitpronomen (unbestimmtes Fürwort) haben die Eheleute gerade nicht gewählt.

Autor
Thomas Schwitzky

Tätigkeitschwerpunkte: Erbrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht (inkl. Baurecht)

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