Fragen rund um Corona und Mietrecht

Interview von Rechtsanwalt Thomas Schwitzky (RAS) in der Mieterzeitung „Zuhause“ (ZH) der Wohnungsbaugenossenschaft „Oberland“ Neugersdorf:

ZH: Guten Tag Herr Schwitzky, vielen Dank für die Möglichkeit, Ihnen in diesem Rahmen die Fragen unserer Mieter stellen zu können.

RAS: Einen guten Tag auch von mir! Sehr gern beantworte ich aktuelle Fragen Ihrer Mieter.

ZH:  Zu unserer ersten Frage: Was passiert eigentlich, wenn ein Mieter im Haus positiv getestet worden ist und vom Gesundheitsamt in die eigene Mietwohnung in Quarantäne „abgesondert“ wird? Muss der Vermieter besondere Maßnahmen einleiten?

RAS: Nein, die Nachbarn im Haus haben gegen den Vermieter keine Ansprüche auf besondere gesundheitliche Schutzvorkehrungen. Als Vermieter muss und darf er auch nicht für eine „Isolationshaft“ des Mieters sorgen. Der Vermieter kann den betroffenen Mieter also weder am Verlassen seiner Wohnung hindern, noch ist er gehalten, Desinfektionsprodukte (Handdesinfektionsmittel, Einweghandschuhe, Atemmasken) zur Verfügung zu stellen.

Besondere gesundheitliche Schutzmaßnahmen ‒ insbesondere mit persönlichen Einschränkungen ‒ dürfen nur das örtliche Gesundheitsamt bzw. andere Polizeibehörden anordnen. Und auch sie dürfen diese nur überwachen.

 ZH: Gibt es ein Sonderzutrittsrecht des Vermieters zu der Mietwohnung bzw. eine Pflicht des Vermieters, Kontrollen bei dem jeweiligen Mieter durchzuführen?

RAS: Nein, am Umfang des Zutrittsrechts des Vermieters zur Wohnung des Mieters ändert sich durch eine Infektionslage nichts. Nur die amtlichen Behörden haben u.U. besondere Befugnisse, eine Wohnung zu betreten.

Den Vermieter trifft insoweit auch keine besondere Pflicht zum Zutritt in die Wohnung eines infizierten Mieters. Er muss dort also z.B. auch nicht aus Anlass einer Infektion „nach dem Rechten sehen“.

Dem Vermieter verbleibt lediglich sein allgemeines Zutrittsrecht aus den bestehenden mietvertraglichen Bestimmungen heraus.

ZH: Müssen die Behörden von einem Infektionsfall unterrichtet werden?

RAS: Grundsätzlich gibt es keine generelle Pflicht zur Mitteilung von Infektionslagen an Behörden. Weder für den Vermieter noch für Mieter untereinander.

Jedoch kann dies im Einzelfall anders zu bewerten sein. So lässt sich gerade für einen Vermieter ein solches Gebot im Einzelfall mit dem Hinweis auf seine vertraglichen Nebenpflichten im Verhältnis zu den anderen Mietern als Nachbarn im Haus stützen (§ 241 Abs. 2 BGB). Es ist stets abzuwägen, ob der Schutz der Gesundheit der anderen Mieter dies gebietet.

ZH: Kann der Vermieter ein Hausverbot erteilen?

RAS: Von der vorherigen Thematik abzugrenzen ist die Frage, ob der Vermieter erkennbar symptomatischen Personen den Zutritt zu einem Haus, in dem sie nicht selbst eine Wohnung haben, verwehren kann (Hausverbot).

Das muss ausdrücklich bejaht werden. Wenn auch der Vermieter kraft des Mietvertrags das Hausrecht (Besitzrecht) an der Wohnung grundsätzlich selbst dem Mieter übertragen hat, bleibt ihm doch das Hausrecht für die übrigen Gemeinschaftsflächen.

Zudem kann der Vermieter in das Hausrecht des Mieters durch ein Hausverbot eingreifen, wenn ein Besucher durch sein Verhalten den Hausfrieden erheblich gestört hat. Das muss erst recht im Pandemiefall gelten.

Darüber hinaus darf (und sollte!) auch der Mieter selbst erkennbar symptomatischen Personen, den Zutritt zu seiner Wohnung verwehren.

ZH: Gibt es einen Kostenersatz für Beschädigungen von Hausrat bei Anwendung von behördlich angeordneten Desinfektionsmaßnahmen?

RAS: Werden durch erforderliche und behördlich angeordnete Schutzmaßnahmen (z. B. Desinfektionsmittel) Hausrat und Einrichtungsgegenstände in der Wohnung des Mieters beschädigt oder zerstört, haftet weder die anordnende öffentliche Hand noch der Vermieter.

Denn es geht darum, Krankheitserreger zu eliminieren und so eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung einzudämmen. Im Pandemiefall muss man bereits von einer „Allgemeingefahr“ i. S. d. öffentlichen Gefahrenabwehrrechts bzw. Polizei- und Ordnungsrechts ausgehen. Es ist anzunehmen, dass es hier abseits von den im Infektionsschutzgesetz geregelten Tatbeständen der Entschädigung um ein Sonderopfer aufgrund öffentlichen Eingriffs zur Gesundheitsprophylaxe oder zur Eindämmung der Pandemie gehen wird.

Auch wenn er die Wohnung im vertragsgemäßen Zustand zum Wohnen geeignet halten muss, geht es bei dieser Betrachtung nicht um die Bausubstanz, sondern um den geschädigten Hausrat des Mieters oder um sonstige Einrichtungsgegenstände in dessen Eigentum. Damit hat der Vermieter aber nichts zu tun. Denn nicht eine etwa kontaminierte Bausubstanz schädigt den Hausrat, sondern die behördliche Maßnahme. Krankheitsbezogen ist von höherer Gewalt auszugehen. Maßnahmenbezogen handelt es sich um die Folge eines hoheitlichen notwendigen Eingriffs.

ZH: Vielen Dank Herr Schwitzky, für Ihre Ausführungen zu einem Thema was uns in der derzeitigen Lage alle beschäftigt. Wir wünschen Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Kollegen, an dieser Stelle schon einmal besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch – im Rahmen der Möglichkeiten. Und bleiben Sie alle Gesund. 

Autor
Thomas Schwitzky

Tätigkeitschwerpunkte: Erbrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht (inkl. Baurecht)

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